Dazugehören & Teilhaben
Seit sechs Jahren bin ich jedes Jahr einmal zu Gast auf der Karlshöhe Ludwigsburg in einer Maßnahme, die das Jobcenter mit Teilnehmern und Teilnehmerinnen besetzt, die psychisch belastet sind, psychische Einschränkungen oder gar Diagnosen haben. Mitunter auch schwere. In MOVE, so der Name der Maßnahme, angekommen werden gemeinsame Aktivitäten unternommen, Einzelgespräche geführt. Natürlich geht es am Ende darum, auch wieder am Arbeitsmarkt teilhaben zu können. Manchmal ist es ein langer Weg.
Ich lese einmal im Jahr, bringe Plätzchen und hoffe, dass meine Geschichte manche ermutigt und wir einfach einen schönen Vormittag miteinander verbringen können.
Manchmal stelle ich auch Fragen. Diesmal ging es um Teilhaben und Dazugehören.
Stimmen aus einem Workshop auf der Karlshöhe Ludwigsburg vom 06.09.2019
Ich fühle, dass ich dazu gehöre, …
- wenn mir bei einem Gespräch in die Augen geschaut wird
- wenn mit mir gelacht wird; der Humor verstanden wird
- wenn ich persönlich angesprochen werde und behandelt werde, wie alle anderen
- wenn ich respektiert werde
- wenn ich ernst genommen und verstanden werde gerade in der momentanen Situation
- wenn meine Situation respektiert und akzeptiert wird
- wenn zusammen gelacht wird
- wenn ich Probleme habe und über diese offen reden kann
- wenn Wissen und Erfahrungen ausgetauscht werden
- wenn man zusammen trauern, oder sich freuen kann
- wenn ich mit Menschen zu tun habe, die mich verstehen
- wenn ich mich wohl fühle
- wenn ich ein Projekt abschließe
- wenn ich seitens meiner Familie und Freunde Rückhalt bekomme, akzeptiert werde, wenn Austausch stattfindet
- wenn ich mit Kollegen und Kolleginnen Spaß haben kann
- wenn ich von anderen akzeptiert werde
- wenn ich mit eingebunden werde in eine Gruppe
- wenn wir gemeinsam kochen
- wenn ich mich in einer Gruppe austauschen kann
- wenn ich mit Freunden ins Stadion gehe
- wenn ich mit Freunden in Kino gehe
- wenn ich unter Genoss*innen bin
- wenn ich die gleichen Voraussetzungen habe
- wenn andere mir zuhören
- wenn ich Arbeit habe
- wenn Freunde zu mir stehen
- wenn ich gebraucht werde
- wenn ich ein finanzielles Polster habe
- wenn ich morgens in der S-Bahn sitze und zur Arbeit fahre
- wenn ich Tagesstruktur habe, wen nich unterwegs bin zur Maßnahme, Arbeit, …
- wenn ich mir keine Sorgen machen muss um Wohnung, Strom, laufende Kosten, über meine Existenz
- wenn alle mir mir reden
- wenn ich mich gut fühle
- wenn ich gut kochen kann
- wenn ich für andere Menschen etwas tue
- wenn ich für mich etwas gutes mache
- wenn ich Arbeit habe
- wenn ich meine Sachen aus dem Keller in eine Wohnung stelle
- mit anderen Menschen rede
- wenn ich einen stressfreien Tag habe und meine Probleme lösen kann
- wenn ich einen gut strukturierten Tag habe
- wenn ich mich mit Freunden auf einen Kaffee treffe
- wenn ich mich in der Gruppe angenommen und wertgeschätzt führ und ein Teil der Gruppe sein kann. Wenn wir z.B. in der Gruppe eine gemeinsame Aktivität planen und umsetzten können und uns dies in der Gruppe in der Gemeinschaft stärkt.
Teilhaben heisst für mich …
- dabei sein
- das Leben zu zu genießen, das Leben mit Familie und Freunden zu teilen und später zu arbeiten
- an etwas teilnehmen auf Grund einer Pflicht (Tag der offenen Tür, Bewerbungskurs, Maßnahmen vom Arbeitsamt) oder eines Rechts (z.B. Streik, Demonstration)
- woran teilhaben? Teilhaben am guten Leben.
- gemeinsam musizieren
- bescheidene Wünsche für sich und andere erfüllen zu können
- Ausflüge mit großen Gruppen
- wenn ich auch etwas beitragen kann
- wenn ich am Leben meines Sohnes teilhaben kann
- wenn ich mit Freunden einen schönen Abend verbringen kann
- wenn man eingeladen wird
- wenn ich zu einer Veranstaltung eingeladen bin
- wenn ich Events, die ich besuchen will, auch besuchen kann
- wenn ich mir aus mal was Überflüssiges leisten kann
- wenn ich in den Urlaub fahren kann
- Zeit für meine Familie nehmen
- meinem Hobby nachgehen
- an einem Projekt teilzunehmen
- Wenn ich ein Geburtstagsgeschenk kaufen kann, ohne auf den Preis zu schauen
- wenn ich meinen Kindern auch das neueste Telefon, Tablet oder Markenklamotten kaufen kann
- wenn ich mit Freunden zusammen sitze
- wenn ich bei Geburtstagen dabei bin
- wenn ich mitdiskutieren kann
- etwas zu erreichen
- trotz schwieriger finanzieller Situation und keinem guten gesellschaftlichen Ansehen (auf Grund der Arbeitslosigkeit) es geregelt zu bekommen, dass mein Kind einen guten Schulabschluss machen kann und studieren kann.
- Und wenn wir trotzdem ab und zu außer Haus eine Pizza essen gehen können. Ein paar kleine Unternehmungen stärken uns immer wieder für den Alltag, geben uns schöne Erinnerungen, die verbinden.
- wenn ich einfach ins Konzert
- zum Essen
- ins Freibad
- zum Pferdemarkt
- in die Eisdiele
- Tanzen
- Billard spielen
- Golf, Tennis, Sport allgemein
- in die Oper
- ins Kino
- ins Theater
- auf Feste
mitgehen kann, ohne dass ich eine Ausrede brauche
Herzlichen Dank an
die aufgewachte Andrea, die atemberaubende Anna-Lisa, die bekloppte Birgit, den charmanten Christian (der mich jedes Jahr einlädt), den denkenden Daniel, den dynamischen Dimitri, den freien Frank, den galanten Gene, den junggebliebenen Jürgen, den jüngsten Jürgen, die jecke Jutta, die joviale Jasmin, die kesse Karin, den chaotischen Klaus, die laszive Ludmilla, den ruhigen Rolf, die rasante Roswitha, die spezielle Stefanie, die sonnige Sandra, den stillen Sebastian, die sogenannte Hartz-IV-Sonja, den sparsamen Samuel, den unentschlossenen Uwe und den zaubernden Zeljko.
Vielen Dank für Eure inspirierenden und ehrlichen Antworten
Ich wünsche Euch alles Gute
und viel Mut für jeden Tag
Undine